Offener Brief an Herrn Gauland
Sehr geehrter Herr Gauland, am letzten Mittwoch im Bundestag zitieren Sie den vorletzten Satz aus der „Braut von Messina“ von Schiller „Das Leben ist der Güter höchstes nicht“. Mit diesem Satz und all dem von ihm noch Gesagten versuchten Sie, die Linie der Bundesregierung und der Bundesländer zur Pandemiebekämpfung zu torpedieren.
Das paulinisch geprägte Christentum steht seit zweitausend Jahren in der Spannung von Leben und Tod. Wenn es im Philipperbrief 23-24 heißt: „Es zieht mich nach beiden Seiten: Ich sehne mich danach, aufzubrechen und (im Tod, der Verf.) bei Christus zu sein – um wie viel besser wäre das! Aber euretwegen ist es notwendiger, dass ich am Leben bleibe“. Herr Gauland, das Christentum zieht es zum Leben und nicht zum Tod.
Und wenn Sie schon den o. a. vorletzten Satz aus der „Braut von Messina“ zitieren – wobei, was das höchste Gut ist, bei Schiller ja offen bleibt – warum nicht auch den allerletzten Satz: „Der Übel größtes aber ist die Schuld“. Mit diesem Satz erst würde es um die Rechtmäßigkeit der verfügten Maßnahmen von Bundessregierung und Landesregierungen gehen; also um ein rechtmäßiges als auch schuldgemäßes Verhalten von Frau Merkel aber auch von Ihnen.
Also, Herr Gauland, bitte mehr von „wo kommen wir her“ und mehr als Rosinenpickerei bei Schiller. Anderes gesagt: Redlichkeit ist angesagt.
Ich selber will mit gutem Recht leben und hoffentlich ein Leben ohne große Schuld bis zum Ende führen. Beides, Herr Gauland, wünsche ich Ihnen auch.